Mehr machen mit Linux Mint. Teil 7: Dateimanager Nemo – NAS und Cloud-Dienste
Für die Sicherung von wichtigen Dokumenten, Backups usw. gibt es prinzipiell zwei Möglichkeiten. Möglichkeit 1: Man speichert alles lokal in den eigenen vier Wänden. Möglichkeit 2: Man nutzt Cloud-Dienste. Und natürlich gibt es noch die Kombination der beiden Varianten. Ob man nun einfach einen USB-Speicher anschließt, sich selbst für wenig Geld ein Mini-NAS bastelt, einen regelrechten Homeserver betreibt, zu fertigen Cloud-Lösungen greift oder-was-auch-immer: Mit Nemo bietet Linux Mint die optimale Schaltzentrale, um all diese Speicherorte zu verwalten.
Inhalt
Lokale Sicherungen
Sicherung auf USB-Speicher
Die einfachste Form einer Dokumentensicherung besteht in dem Kopieren der Daten auf ein anderes Speichermedium – also z. B. eine USB-Festplatte. Dazu gibt es nicht viel zu sagen: USB-Speicher an den PC hängen, unter Mint wird ein solches Medium auch direkt erkannt und ploppt in Nemo auf.
Auch hier gilt, worauf schon in früheren Artikeln eingegangen wurde: geteilte Ansicht oder die Verwendung von Tabs erleichtern den Kopiervorgang von Hand. Wie in einer späteren Folge noch gezeigt werden wird, kann man Linux Mint sogar durch Tools so einrichten, dass mit einem Kopiervorgang sofort begonnen wird, sobald ein USB-Speicher angeschlossen wird. Mehr noch: Je nachdem, welches USB-Medium eingesteckt wird, starten automatisch unterschiedliche Kopiervorgänge (z. B. bei USB-Festplatte 1 werden Fotos übertragen, bei USB-Stick 2 hingegen Office-Dokumente synchronisiert). [1]
Allerdings muss man mehr oder weniger regelmäßig daran denken, den USB-Speicher einzustecken. An so was scheitere ich persönlich gerne. Oder man lässt das Medium angeschlossen und greift zu einem der vielen Backup-Tools, die die Sicherung nach festen Zeiten automatisch durchführen (auch dazu wird es noch einen Artikel geben.
Der eigentliche Minus-Punkt ist aber aus meiner Sicht, dass es sich nur um eine Lösung für ein Gerät an einem Ort im Haushalt handelt (okay, man könnte natürlich mit der USB-Platte von Gerät zu Gerät wandern). Ein Speicher, auf den alle Notebooks/Computer und mobilen Geräten zugreifen können, ist da die bessere Lösung. Da man ohnehin über Modem und WLAN verfügt, ist der Zugriff dann auch nicht auf das Arbeitszimmer beschränkt. Das wäre der typische Anwendungsbereich für ein NAS (Network Attaches Storage), was ja nichts anderes bedeutet als „im Heimnetz verfügbarer Speicher“.
NAS-Lösungen – von kostengünstig bis kostenintensiv
Bei dem Stichwort NAS denkt man oft an den Marktführer Synology oder andere kostspielige Geräte, die eine komplizierte Bedienung erfordern. „Richtige“ NAS-Lösungen können sich für Nutzer, die intensiv mit Computern arbeiten oder beruflich auf die Daten angewiesen sind, auszahlen. Aber es geht auch zwei Nummern kleiner.
Fritz!Box-NAS/Modem-NAS
Viele haben zu Hause bereits eine kleine NAS-Variante, ohne dass sie davon wissen. Bei den Modem-Geräten von Fritzbox ist eine solche Funktion meist dabei: Einfach die Einstellungs-Seite „fritz.box“ im Browser aufrufen, dort kann man einen NAS-Nutzer samt Passwort anlegen – und fertig.
Über die USB-Buchse des Modems lassen sich auch Speicher wie z. B. ein USB-Stick in das NAS integrieren. Gibt es sicher auch von anderen Herstellern. Sicher nichts, um große Datenmengen zu verwalten, aber für den Hausgebrauch kann schon das ausreichend sein. Die Inhalte lassen sich zwar über den Browser abrufen, aber deutlich eleganter ist der Aufruf über Nemo.
Der Zugriff ist über das Samba-Protokoll möglich (Samba wurde im vorherigen Artikel näher beschrieben). In die Ordnerleiste wird daher „smb://fritz.box“ eingetragen:
Benutzername und Passwort entsprechend den Nutzerdaten, die man in der Fritzbox hinterlegt hat. Anschließend erscheinen die vorgegebenen Ordner, die man nach Belieben ändern/ergänzen kann.
WLAN-Festplatte mit dem Raspberry Pi einrichten
Deutlich mehr kann man in Richtung NAS basteln, wenn man zu einem Raspberry Pi (ab Version 4) greift. Ein USB-Medium über die USB-3-Buchsen angeschlossen – und schon hat man Speicher im WLAN (oder per LAN-Kabel am Modem) für das Heimnetz zur Verfügung. Es gibt sogar eine ausgewachsene NAS-Verwaltungssoftware, die speziell auf den Raspberry abgestimmt ist: OpenMediaVault. Das Programm ist mit einer einzigen Befehlszeile auf einer microSD-Karte (8 oder 16 GB) installiert und aufrufbar. Allerdings hat es für die Ersteinrichtung eine kleine Lernkurve – funktioniert dann aber erstaunlich gut und hat durch eine Vielzahl von (Docker-)Erweiterungen zahlreche Möglichkeiten, die über pure Backup-Speicherungen hinaus gehen.
Mit etwa 60 – 70 Euro (plus USB-Speichermedium) halten sich die Kosten in Grenzen. Diese NAS-Variante kann durchaus ausreichend sein für Homeoffice, Homeschooling und Versorgung der Haus-/Familien-Geräte. Freigabe von Verzeichnissen, Einrichtung von zeitgesteuerten Backupvorgängen usw. – all dies ist von Art und Umfang durchaus vergleichbar mit der Software von einschlägigen NAS-Anbietern. Daher gehe ich im nächsten Abschnitt näher auf den Austausch mit Linux-Mint ein.
Synology, QNAP, UGREEN
Einfach ausgedrückt sind die bekannten NAS-Systeme eigentlich nicht sehr viel mehr als „Kästen“, in die man Speichermedien wie Festplatten oder SSDs hängen kann. Für die Datenströme sorgen ein paar Chips, die – zumindest bei den günstigen Modellen – nicht unbedingt besonders leistungsfähig sind. Müssen sie auch nicht, denn die üblichen NAS-Aufgaben würden „waschechte“ Computer deutlich unterfordern. Der eigentliche Vorteil gegenüber 1-Speicher-Lösungen liegt in der Verwendung von mehreren Speichermedien, die bei Fehlern mit wenigen Handgriffen gewechselt werden können, ohne dass ein System pausieren muss. Je nach Konfiguration ist ein solches System also recht gut auf Ausfälle vorbereitet. Das hat aber seinen Preis – „Leergehäuse“ mit 2 Schächten beginnen bei rund 200 Euro. Soll das Teil dann auch ein wenig als Medienstation dienen und etwas größere Datenmengen mit einer modernen Architektur verwalten, so landet man auch im Heimbereich rasch bei 600 bis 800 Euro. Das aber nur als grobe Hausnummern, da gibt es eine große Bandbreite.
Für uns ist wichtig: In diesen Geräten werkeln Linux-Systeme. Die Web-/Desktop-Oberflächen werden etwas aufgehübscht und blenden Apps ein, die für Backups nützlich sind oder der Synchronisation von Fotos dienen.
Immerhin: Man bekommt für sein Geld ein Fertig-Paket, das funktioniert und seinen Zweck auch gut und reibungslos erfüllt. Sofern man aber noch gar nichts mit (Home-)Servern zu tun hatte, benötigt man nach meiner Erfahrung doch einiges an Zeit für die Konfiguration. Allerdings: Wer Linux-Systeme wie unser Linux-Mint schon länger nutzt, der sollte sich dann doch recht flott eindenken können.
Synology Drive
Dann kommen wir also zur Zusammenarbeit mit Linux Mint. Ich erkläre das jetzt am Beispiel meiner Synology, bei anderen Systemen läuft das aber ähnlich ab.
Angenommen, das NAS wird als zentrale Sammelstelle für Scan-Eingänge genutzt. Dokumentenscanner der besseren Preisklasse und auch Smartphone-Apps (oder die Apps der Hersteller) können so eingerichtet werden, dass sie direkt in einen ausgewählten Synology-Ordner ihre Resultate ablegen.
Eine einfache Methode für die Anzeige unter Linux Mint ist die Installation der Synology Drive App. Damit wird einen Ausschnitt der Dokumente, die auf dem NAS lagern, in Nemo angezeigt.
NFS-Ordner einhängen
Da uns aber nur der Scan-Ordner interessiert, ist es geschickter, diesen über das NFS-Protokoll (siehe Teil 6) in Nemo einzuhängen. Dazu definiert man auf der Synology einen „freigegebenen Ordner“ und versieht diesen mit NFS-Berechtigungen. Als „Hostname“/Client wird die IP des Linux-Rechners eingetragen.
Unter Linux Mint sind folgende Befehle einzugeben. Meine Synology hat die IP 192.168.178.23, der Ordner nennt sich „SynologyScan“ auf „volume1“. Diese Werte an die eigene Konfiguration anpassen.
sudo apt-get install nfs-common
sudo mkdir /media/SynologyScan
sudo mount -t nfs 192.168.178.23:/volume1/SynologyScan /media/SynologyScan
Ich regle das Einhängen gerne einfach über ein Lesezeichen. Wer eine permanente Verbindung haben möchte, der kann noch diesen Befehl eingeben:
192.168.178.23:/volume1/SynologyScan /media/SynologyScan nfs defaults 0 0
Das Einhängen wird aktiviert mit:
sudo mount -a
Damit taucht der Synology-Ordner in Nemo im Abschnitt „Geräte“ auf:
Der File-Transfer klappt in beide Richtungen. Auf diese Weise kann daher auch ein Backup-Programm unter Linux-Mint das NAS als Ziel ansteuern. Oder man lagert die Dokumentenverwaltung von Paperless-ngx auf eine Synology aus, die selbst nicht über Docker/Container verfügt. Der Linux-Mint-Computer übernimmt dabei die Verarbeitung, die Speicherung geschieht auf dem NAS (ausführliche habe ich das Vorgehen in diesem Artikel erläutert).
Zusammenarbeit mit Cloud-Diensten
Nextcloud, Google Drive, Microsoft OneDrive, Dropbox usw. usw. – mit allen Cloud-Anbietern kann Linux Mint problemlos umgehen. Da ich hauptsächlich mit einer Nextcloud arbeite, werde ich auf diesen Dienst etwas ausführlicher eingehen.
Internetkonten
Linux Mint nutzt das (Gnome-)Programm „Internetkonten“, für die Verknüpfung mit verschiedenen Cloud-Diensten. Welche Daten/Funktionen bereit gestellt werden, unterscheidet sich von Dienst zu Dienst.
Man benötigt in der Regel nur seine Anmeldedaten, schon ist man nach wenigen Sekunden verbunden. Im Hintergrund werkelt oft das WebDAV-Protokoll. Das bedeutet, dass die Dateien angezeigt nicht aber heruntergeladen werden. Somit wird kein lokaler Speicher belegt. Erst, wenn man ein Dokument anklickt, um damit zu arbeiten, geschieht der Download. Im Fall eines Nextcloud-Kontos sieht das so aus:
Google Drive lässt sich auch recht einfach einbinden. Für Microsoft OneDrive gibt es mehrere Möglichkeiten, meine Erfahrungen mit „OneDriver“ sind ganz gut (im Paketmanager bzw. https://github.com/jstaf/onedriver – braucht beim ersten Start etwas).
Dank Nemo ist es auch einfach, mit mehreren Speicherorten gleichzeitig zu arbeiten. Im Screenshot sieht man unter [1] den Tab für Google Drive, Tab [2] führt die Inhalte der Nextcloud auf und in der rechten Fensterhälfte [3] sind Dokumente der Synology zu sehen.
Web.de, Gmx.de, MagentaCloud, Proton usw.
Falls der eigene Cloud-Dienst nicht bei den Internetkonten aufgeführt wird, ist das nicht weiter tragisch. Oft genügt ein einziger Befehl, den man in die Nemo-Ordner-Zeile eingibt. Für den WebDAV-Zugang zur Web.de-Cloud ist das z. B. davs://webdav.smartdrive.web.de (ähnlich Gmx.de):
Die Zugangsdaten eingeben – fertig. Der Cloud-Bereich wird nun im Abschnitt „Netzwerk“ in Nemo aufgeführt:
Bei der Telekom-MagentaCloud handelt es sich um eine Nextcloud, daher kann diese via WebDAV oder Internetkonten eingebunden werden. Ein Blick in die Vertragsunterlagen kann sich lohnen. Oft ist die Magenta(Next)Cloud im Tarif kostenlos dabei, muss aber freigeschaltet werden.
Ähnlich wie Internetkonten ist die Anwendung „Celeste“ (im Paketmanager). Diese hat den Pluspunkt, auch mit Proton Drive umgehen zu können:
Nextcloud Desktop-Sync
Cloud-Anbieter stellen oft Sync-Clients zur Verfügung, die zusätzliche Möglichkeiten bieten. Man hat damit einen zusätzlichen Ordner in Nemo mit den Cloud-Dateien. Bei Nextcloud bietet der sogenannte Desktop-Client unter anderem diese Vorteile:
- Es können einzelne Nextcloud-Ordner ausgewählt werden – nur diese werden synchronisiert.
- Es lassen sich mehrere Nextcloud-Nutzer-Konten gleichzeitig einbinden.
- Es können verschiedene Nextcloud-Instanzen zugleich verwaltet werden.
Im Screenshot habe ich meine lokale Nextcloud, die auf meinem Raspberry Pi installiert ist, zusammen mit meiner Hetzner-Nextcloud mit Nemo verbunden.
Für Nemo gibt es – über die Paketverwaltung – noch ein nützliches Add-on. Damit wird das Kontextmenü erweitert:
Auf diese Weise lassen sich Freigabeoptionen wie Passwort, Verfallsdatum usw. direkt eintragen, ohne dass man die Web-Oberfläche der Nextcloud aufrufen muss:
Mit Cryptomator verschlüsselte Tresore anlegen
Gerade beim Thema Cloud lohnt es sich, über Verschlüsselung nachzudenken. Was Microsoft, Google & Co. an Daten sammeln, ist den meisten Anwendern ja bewusst. Aber die Nutzung dieser Angebote ist halt bequem. Mit dem kostenlosen aus Deutschland stammende Tool Cryptomator ist es aber super-einfach, wichtige Dokumente hochgradig verschlüsselt in einer beliebigen Cloud aufzubewahren.
Vor allem: Tresore sind mit wenigen Klicks eingerichtet und man benötigt keinerlei Spezial-Kenntnisse oder Einarbeitungszeit. Der Zugriff auf einen Tresor ist zu jeder Zeit per Klick auf ein Symbol in der Taskleiste möglich:
Fazit
Das sind in der Tat schon fast verwirrend viele Möglichkeiten, die man unter Linux zur Datenspeicherung nutzen kann. Aber eigentlich geht es nicht um die Anzahl, es geht um die Flexibilität, die das System bietet. Man kann das einsetzen, was man zur Verfügung hat, ohne gezwungen zu sein, besondere Ausgaben zu tätigen. Ob man nun ein ausgedientes Notebook als NAS einsetzt, einen Raspberry Pi aus der Schublade holt, ein wenig Geld für ein Einsteiger-System in die Hand nimmt oder sich Dienste bei einem Hoster einkauft – alles kann man nach seinem eigenen Geschmack regeln. In der Kombination mit guten Backup-Strategien und ausgereiften Tools kann man sich so ein sicheres System für seinen digitalen Alltag schaffen.
[1] Wer nicht auf den ausführlichen Artikel warten möchte, der kann sich das Tool FreeFileSync schon einmal näher anschauen.
Serie „Mehr machen mit Linux Mint“
- Teil 1: Einführung
- Teil 2: Hardware
- Teil 3: Cinnamon-Desktop optimieren
- Teil 4: Dateimanagement mit Nemo – Grundlagen
- Teil 5: Dateimanagement mit Nemo – erweiterte Funktionen
- Teil 6: Dateimanagement mit Nemo – total vernetzt
- Teil 7: Dateimanagement mit Nemo – NAS und Cloud-Dienste
- Teil 8: in Vorbereitung
2 Kommentare
Tito
Schöner, detaillierter und umfangreicher Artikel. Lese deinen Blog gern, dürfte gern mehr Aufmerksamkeit bekommen. Nach der Anzahl der Kommentare nach zu urteilen ist hier leider nicht ganz so viel los. Aber das mag sich ja noch ändern.
Habe auch den vorherigen Artikel gelesen, aber die ganze Samba Nummer in Linux Mint ist dann doch nicht so leicht zugänglich. Ich verzweifle aktuell daran, dass ich gerne meine Fotos, welche auf der Synology liegen, gerne in Digikam anzeigen möchte:
https://forums.linuxmint.com/viewtopic.php?p=2569127
Den Thread habe ich im offiziellen Forum erstellt, bekomme es aber trotzdem nicht hin. Hast du vielleicht den passenden Hinweis? Als Lesezeichen konnte ich die Synology in Nemo anlegen, aber der Pfad steht dann nicht in Digikam zur Verfügung.
Herbert
In dem Forum wurden Dir ja eine Reihe von Hinweisen gegeben. Ich würde mir nochmals die Berechtigungen des Ordners genau anschauen. Je nachdem, wie Du Digikam installiert hat. Mit Flatseal könntest Du noch anpassen, was Dir in Digikam angezeigt wird, also etwa den Ordner unter „/mnt“.