Mehr machen mit Linux Mint. Teil 1: Einführung
Linux kann eine ausgezeichnete Alternative zu Windows oder MacOS sein: Das Betriebssystem läuft meist sehr flott und problemlos auf neuen und älteren Computern, gilt als sicher, ist rasch installiert und sehr gut bedienbar. Dazu kommt, dass umfangreiche Software für den Office-Bereich, für die Grafikerstellung, für Audio- und Videovorhaben kostenlos erhältlich ist. Auch das Zusammenspiel mit anderen Systemen, der Austausch von Daten oder die Synchronisation über unterschiedliche Geräte hinweg ist problemlos. Und schließlich: Persönliche Daten bleiben im eigenen Besitz und gehen nicht an einen Konzern, der damit Geld verdienen möchte.
Dazu kommt, dass Windows 10 ausläuft und keine (kostenlosen) Updates mehr ausgeliefert werden. Zugleich kann Windows 11 nicht unbedingt problemlos installiert werden, obwohl die Hardware noch völlig in Ordnung ist. Und selbst wenn Windows 11 läuft – es werden außerordentlich viele persönliche Daten und geschützte Informationen an Microsoft übermittelt (Stichwort: Recall).
Für viele ist daher Linux zu einer echten Alternative geworden, die es in weiten Bereichen mit Windows 11 aufnehmen kann, ja, auf einigen Feldern sogar überlegen ist. Daher lohnt es sich, einmal genau zu schauen, wie Linux den Alltag seiner Nutzer erleichtern kann.
Inhalt
Die Serie für „Leicht-Fortgeschrittene“
Es gibt bereits unendlich viel Material im Netz zum Einstieg in Linux oder wie man ein System installiert oder was die ersten Fragen von jemandem sind, der noch nicht mit Linux vertraut ist. Auf pure Einsteiger-Fragen werde ich daher hier nicht oder nur am Rande eingehen. Allerdings soll es auch keine „IT-Nerd-Serie“ sein, die gefüllt ist mit Programmierzeilen, Fachwörtern, Auseinandersetzungen um „das beste System“ usw. usw.
Vor Augen habe ich Anwender, die Linux bereits nutzen oder zumindest eine gute Vorstellung von diesem System haben, ohne aus dem IT-Bereich zu kommen. Die also Alltagsaufgaben mit Linux bewältigen möchten: Texte verfassen, im Team arbeiten, Fotos verwalten, kleine Audio- oder Videoprojekte realisieren, Homeoffice organisieren, Notizen erstellen, Recherchen durchführen, Dokumente organisieren und Dateisicherungen vornehmen. Und zusätzlich ihr System auch als kleinen Homeserver für Dienste wie Paperless-ngx, PhotoPrism usw. verwenden möchten. Dazu eine Reihe von Tools oder Tipps, wie alles noch ein weniger eleganter gelöst werden kann. Auch kleine Ausflüge auf die Kommandozeile wird es geben, was gar nicht weh tut …
Ausgangspunkt: Linux Mint
Es gibt sehr viele Varianten von Linux und seinen Desktop-Oberflächen: Ubuntu, Debian, Manjaro, KDE Neon, MX Linux, Zorin und … und … und. Jede dieser Variante hat glühende Anhänger, die X für besser als Y halten, Z besser als Q – okay, you got it. Ausgangpunkt dieser Artikelserie wird Linux Mint sein aus folgenden Gründen:
- Linux Mint ist in Deutschland eine besonders beliebte Variante von Linux-Distros, so dass viele Leser die Beispiele direkt am eigenen System nachvollziehen können.
- Linux Mint erkennt besonders viele Hardware-Konfigurationen. In den meisten Fällen kann man einfach den bisherigen PC oder das bisherige Notebook nehmen, Linux Mint installieren – und von WLAN über Bluetooth bis hin zu Monitor oder Drucker wird alles sofort nach der Installation erkannt, ohne dass man viel „schrauben“ muss.
- Linux Mint bringt „out of the box“ alle großen Anwendungen und kleinen Tools mit, die man braucht, um sofort loslegen zu können.
- Vor allem aber: Das System eignet sich ausgezeichnet für einen „Hybrid“-Betrieb. Man kann also die gewohnten Office-Anwendungen verwenden und zugleich – quasi als „Zweit-Nutzung“ – damit einen Homeserver betreiben, der etwa nachts Backup-Prozesse übernimmt oder die Haustechnik steuert.
Warum ist meine Lieblings-Distro X nicht dabei?
In den meisten Fällen macht es keinen Unterschied, ob man nun Ubuntu oder MX Linux oder Zorin lieber nimmt – die Programme laufen auf fast allen Systemen, mal ist hier der Dateimanager anders, lassen sich dort mehr bunte Designs verwenden oder die Oberfläche sieht etwas anders aus. Aber unter der Desktop-Oberfläche werkelt ja immer der Linux-Kern, so dass sich die Inhalte dieser Artikelserie problemlos auf das eigene System übertragen lassen. Außerdem würde es den Text schnell unübersichtlich machen, wenn ich jeden Vorgang für Debian, Fedora, Manjaro usw. doppelt und dreifach beschreiben müsste. (Ganz abgesehen davon, dass ich nicht alle Systeme gleich gut kenne.)
Auch bin ich insgesamt recht „ideologie“-frei. Ein System muss gut funktionieren – ob von vorne bis hinten alles Open Source sein muss und auf gar keinen Fall irgendwas von Google Eingang finden darf – das alles ist nicht mein Thema. Soll eben jeder so machen, wie er das für sich richtig findet.
Schwerpunkt: Produktiver arbeiten mit Linux
Klar, Linux hat auch Nachteile. Wenn man etwa als Grafiker auf Adobe-Produkte angewiesen ist oder die Software für den Garagenöffner nur für Windows entwickelt wurde, dann kommt Linux an seine Grenzen. Aber wer diese Serie liest, der hat diese Dinge ja bereits für sich geklärt. Ich werde also versuchen, an einer Reihe von Beispiel zu zeigen, welche Vorteile es hat, eine Linux-Distro einzusetzen. Oft ist es so, dass jemand Linux XY installiert, LibreOffice und Co. anwirft, Firefox oder Thunderbird wie gewohnt einsetzt – und fertig. Das ist ja auch in Ordnung. Aber damit ist ein Linux-System eigentlich unterfordert. Wenn man sich etwas mehr mit seinem eigenen System auskennt, dann kann man sich viele Klicks und viel Zeit ersparen. Ein einfaches Beispiel wäre hier das ganz persönlich Set an Tastenkürzel, das man gerade in Mint super-einfach konfigurieren kann. Ein komplexeres Beispiel: Wenn man den Sync-Client von Nextcloud installiert hat, so genügt ein zusätzlicher Klick – und man kann direkt im Dateimanager Dokumente für andere freigeben. Oder man spiegelt den Bildschirm seines Android-Smartphones während man in einem Workshop eine Präsentation durchführt. Oder …
Schön fände ich es, wenn sich Leser mit eigenen Erfahrungen in den Kommentaren einbringen würden. Vielleicht erklären, wie sie etwas lösen oder wie das bei der eigenen Distro umgesetzt ist.
Serie „Mehr machen mit Linux Mint“
- Teil 1: Einführung
- Teil 2: Hardware
- Teil 3: Cinnamon-Desktop optimieren
- Teil 4: Dateimanagement mit Nemo – Grundlagen
- Teil 5: Dateimanagement mit Nemo – Netzwerk & Co. (in Vorbereitung)
15 Kommentare
varut
Vielen Dank für diese sehr gelungende Einführung, werde diese gerne an meine Linux Mint-Gruppe weiterleiten. Sonnige Größe aus Buxtehude
Varut
Herbert
Danke Dir für die sehr nette Rückmeldung! Ich freue mich, wenn möglichst viele Leute erreicht werden, da der Zeitaufwand für die Serie doch recht groß ist.
Alex
Vielen Dank, vielleicht traue ich mich jetzt endlich, auf meinem alten Surface 4pro Mint zu installieren…
Herbert
Ich kann Dich nur ermutigen! Du kannst ja zuvor einen Live-Stick verwenden, dann siehst Du recht schnell, ob alles wie gewünscht klappt. Und erst nach diesem Test die eigentliche Installation durchführen. Wenn man Linux Mint „solo“ installiert, ist die Installation recht problemlos.
Markus Mertens
Ein gelungener Einstieg, der Lust auf mehr macht.
Ich bin seit einiger Zeit glücklicher Mint Nutzer. Auf meinem 2.Rechner nutze ich derzeit Pop-OS und versuche mich zudem auf einem Thin PC an einem eigenen Home Server auf Proxmox Basis. Alles im Selbstlernmodus im unteren Level.
Ich beteilige mich hier und da an Usergruppen und würde mich freuen, auch hier was mitnehmen bzw. beitragen zu können. Viel Erfolg und gutes gelingen. VG Markus
Herbert
Usergruppen sind eine tolle Sachen, um selbst etwas zu lernen und weiterzugeben! Prima! Pop-OS hat mich auch gereizt, habe mich damit aber aus Zeitgründen noch nicht näher beschäftigt.
Thomas
Vielleicht kannst du in einer Folge darauf eingehen, dass mittels Bottles/Wine doch eine ganze Menge Windows-Software (bei mir z.B. MathType) auf Linux Mint problemlos läuft, d.h. ohne dass man als NutzerIn überhaupt merkt, dass es sich nicht um ein Linux-Programm handelt. Die „Garagensteuerung“ ist also nicht unbedingt ein K.O.-Kriterium.
Herbert
Danke Dir für den Hinweis! Ja, das sollte ich an einer Stelle auch anschneiden – merke ich mir mal vor 🙂
Hans
Vielen Dank für die tolle Idee und die viele Arbeit, die hinter dieser Linux Mint Serie steckt. Ich bin seit der tollen Serie über paperless-ngx ein „Follower“ und habe mich bereits bei der Ankündigung dieser Mint-Serie gefreut.
Ich hoffe, dass die Beiträge vielfach gelesen werden und diese helfen, das eine oder andere Kilo Elektroschrott, das bei dem Win10-Win11 Wechsel entstehen würde, zu vermeiden. Alles Gute und nochmals danke!
Herbert
Eine sehr nette Rückmeldung – ich danke! Ja, Ziel ist es auch, dass Leute, die noch am Überlegen sind, Lust auf Linux bekommen – mal schauen, ob das ein wenig gelingt.
Mintnix
Linux Mint rockt!
Schöner Beitrag 👍
Kris
Vielen Dank für die Serie! Ich erhoffte mir endlich etwas mehr Durhnlick bei diesem doch recht mächtigen System. Kommt in der Serie auch die Frage dran, wie man die Soundkarte dazu überredet zu funktionieren?
Herbert
Hast Du Linux Mint 22 und die aktuelle Kernel-Version (bei mir 6.8)? Damit sind die Erfahrung ganz gut. Sonst schreib mal, welche Soundkarte Du hast und welchen Treiber zu einsetzt.
Kris
Mint Version: LMDE 6 Faye, Cinnamon 6.2.9, Kernel: 6.1.0-26-amd64, Soundkarte: intel Tiger Lake-LP Smart Sound Audio vendor: QUANTA driver: sof-audio-pci-intel-tgl
Herbert
Okay, die LMDE-Variante nutze ich nicht. Bei firmware-intel-sound (via Synaptic) könnte man schauen, Pipewire deaktivieren, nach PuseAudio schauen usw. Falls Du nichts durch die normale Suche im Netz dazu gefunden hast, hast Du gute Chancen in einem der Foren eine Antwort zu erhalten, die ich in Teil 2 der Reihe aufgeführt habe. Zumindest solltest Du da Anregungen bekommen, wo genau Du nachschauen kannst.