Mehr machen mit Linux Mint. Teil 2: Hardware

Meist fährt man bei Linux ganz gut mit dem Motto: „Nimm, was Du hast!“ Es soll ja gerade vermieden werden, dass funktionsfähige Hardware zu „Rostware“ wird, nur weil Microsoft & Co. spezielle Anforderungen stellen. Mein ältestes Notebook (Dell Latitude) war noch mit Windows Vista bestückt und hatte über 12 Jahre auf dem Buckel – mindestens sieben Jahre davon hat es im Keller überwintert. Mit MX Linux erhielt das Teil ein modernes System mit allen Sicherheitsfunktionen. Natürlich schwächelt der Akku, so dass man das Netzteil eingesteckt lassen muss. Und das Hochfahren dauert etwa 3 Minuten – aber dann kann man mit Office, Browser & Co. recht gut arbeiten.

Ähnliches gilt für angeschlossene Speicher-Medien. Oft genügt eine alte USB-Festplatte, um diese in eine „WLAN-Festplatte“ für die ganze Familie umzufunktionieren. Mit wenigen Klicks erhält man unter Linux Mint so ein Speichermedium, auf das man von jedem Gerät im heimischen Netzwerk aus zugreifen kann. Sofern Linux-PC und Speicher etwas jüngeren Datums sind, kann man sogar einen NAS-ähnlichen Betrieb einrichten.

Welche Linux-Mint-Version darf’s denn sein?

Bei Geräten, die nur fünf bis sechs Jahre alt sind, würde ich in der Regel zuerst Linux Mint versuchen. Falls der Arbeitsspeicher doch zu „dünn“ sein sollte, dann vielleicht statt dem Cinnamon-Desktop die XFCE Edition, die noch etwas genügsamer ist. Aber Mint schlägt sich in puncto Ressourcenverbrauch recht gut. Die Beispiele, die ich in dieser Serie bringen, beruhen auf der aktuelle Version 22 (erhält Updates bis zum Jahr 2029) mit dem Cinnamon-Desktop, der das Aushängeschild von Linux Mint ist. Die aktuelle Kernel-Version ist Linux 6.8.

Hardware-Voraussetzungen

KomponenteMinimale AnforderungenEmpfohlene Anforderungen
RAM2 GB4 GB
Festplattenspeicher20 GB100 GB
Bildschirmauflösung1024×7681440 x 900 oder höher
Prozessor64-bit CPU (Single Core) mit mindestens 2 GHz

Nach meinen Erfahrungen sind 4 GB ausreichend (für Server-Dienste allemal), aber für intensive Desktop-Nutzung sollten schon 8 GB vorhanden sein. Hingegen würde ich persönlich bei der „eingebauten“ Festplatte/SSD sogar runter gehen. 64 GB können durchaus schon reichen, wenn man die Standardprogramme nimmt und Cloud-Speicher integriert (bei mir 1 TB Nextcloud bei einem Hoster). Sofern man USB-Speicher verwendet, kann man zwar noch mit der 2.0-Version leben, aber ab 3.0 macht es bei größeren Transfers deutlich mehr Spaß.

Tipp: Verwendet man einen kleinen Monitor mit einer niedrigen Auflösung, so kann man die Alt-Taste gedrückt halten und mit dem Mauszeiger das Fenster bewegen.

Treiber und Hilfeforen

Linux Mint in der oben genannten Version sollte die Komponenten von handelsüblichen Computern automatisch erkennen, also Grafikkarte, Soundtreiber, Drucker-/Scanner-Komponenten usw. Das kriegt Linux Mint sogar erstaunlich gut hin. Trotzdem kann es natürlich sein, dass mal etwas nicht erkannt wird. Gute Anlaufstellen für Hilfe sind in solchen Fällen:

  • Linux-Guides Community (Link)
  • Matrix-Raum HELP von GnuLinux (Link)
  • Linux-Mint-Bereich bei Computerbase (Link)
  • LinuxMintUsers (Link)

Es lohnt sich auch, Linux-Podcasts zu abonnieren. Eine hervorragend produzierte Reihe zu solchen Themen stammt von GnuLinux. Wirklich hörenswert!

Weiter ist Ubuntuusers für Treiber-Probleme ebenfalls zu empfehlen. Der große Verbreitungsgrad von Linux Mint zahlt sich aus – für viele Fragen erhält man rasch eine Antwort, die hilft. (Ich nutze noch sehr gerne Mastodon, da die Leute wirklich hilfsbereit sind und mir bereits in vielen Fällen die richtigen Hinweise gegeben haben.)

Installation von Linux Mint

Wie in der Einführung erklärt, möchte ich hier die Basics von Linux Mint nicht behandeln, da es zu diesem Thema bereits sehr viele Inhalte im Netz gibt. Eine wirklich gute und aktuelle Schritt-für-Schritt-Anleitung haben die Redakteure von c’t veröffentlicht – dieses Video sei stellvertretend für viele andere Tutorials genannt:

Mini-PC. Ideal für den Hybrid-Einsatz

Nun gibt es noch eine größere Gruppe von Linux-Interessierten, die nicht sofort Windows ganz verbannen möchten. Dual-Boot klappt zwar in vielen Fällen, aber wie von den c’t-Leuten erwähnt, ist ein „purer“ Linux-Rechner die deutlich bessere Lösung. Auch benötigt ein Standard-PC für einen 24/7-Betrieb zu viel Strom. Aus all diesen Gründen kann es eine gute Überlegung sein, Linux auf einer stromsparenden Maschine laufen zu lassen, die man z. B. auch gebraucht ergattern kann.

Ich skizziere hier mal meine Lösung, ohne Euch jetzt dieses spezielle Modell „verkaufen“ zu wollen. Aber es liefert Euch vielleicht Anhaltspunkte für Eure eigene Konfiguration.

Beelink MINI S12 PRO – reibungslose Installation

Das kleine Gerät (Link Hersteller) habe ich vor ein paar Monaten neu für rund 150 Euro erworben (aktuell liegt der Preis höher – aber für ca. 180 ist der Mini-PC über Versand-Anbieter zu haben). Ausgestattet mit 16 GB Arbeitsspeicher, 512 GB NVMe M.2-SSD Speicher, 2 x HDMI und vor allem 4 x USB 3.2*2 ist er üppig genug für meine Einsatzzwecke ausgerüstet. Der N100-Prozessor ist im Stromverbrauch in etwa mit meinen Raspberry Pi-Geräten vergleichbar, so dass ein 24/7-Einsatz (ohne Monitor) mit rund 10 Euro im ganzen Jahr zu Buche schlägt.

Nach der Linux-Mint-Installation wurde sofort alles erkannt: Bildschirmauflösung, Bluetooth, WLAN, Netzwerkdrucker, HDMI-Audio usw. Ich musste keine zusätzlichen Treiber laden oder Einstellungen verändern.

Erweiterungen

Aktuell habe ich zwar keinen Bedarf für Hardware-Erweiterungen, aber ich wollte gerne die Option haben, damit ich – quasi als dritte Schiene – das Gerät für NAS-Zwecke nutzen kann. Innen ist ein – leeres – Fach, in das man ganz einfach eine 2 TB-SSD schieben kann. Dann macht es klick – und fertig ist die Aufrüstung. Wenn das noch nicht genügt, so könnte ich den 500-M.2-Speicher ebenfalls gegen eine 2-TB-Variante austauschen – dann wäre wir bei 4 TB „im“ Gehäuse. Aber da USB 3.2*2 – im Vergleich zu USB 3.0 – rasend schnell ist, könnte ich dann auch da noch eine schmal M.2-SSD dran hängen und am Ende theoretisch bei 8 TB Gesamtspeicher landen.

Übertragung mit USB 3.2*2

Am Ende dieses Artikel verlinke ich noch ein Video, das zeigt, wie einfach eine Speichererweiterung ist.

Gleichzeitige Nutzung des PCs als Familien-Server

Von Windows ist man es gewohnt, dass man „pur“ seine Desktop-Anwendungen fährt. Sitzt man nicht vor dem PC, dann passiert auch nichts und das Gerät döst vor sich hin. Aber Linux-Distros können problemlos Server-Dienste verrichten. Also: Warum nicht dieses Potential nutzen?

Sicher würde man für einen umfangreichen Serverbetrieb, etwa für einen großen Verein, ein getrenntes Gerät benutzen. Ebenso würde ich einen puren Medienserver mit einer umfangreichen Filmsammlung eher auf einem kleinen Raspberry Pi neben den Fernseher stellen. Aber im häuslichen Bereich sind die Ansprüche ja bescheidener: Paperless-ngx für die Dokumentenverwaltung, ein Daten-Tresor für die Familie, Verwaltung von Smarthome-Anwendungen usw. Mit meinem Raspberry Pi 5 (8 GB, MX Linux) führe ich diese Doppel-Nutzung schon über ein Jahr durch, der oben beschriebene Mini-PC hat mit seinen 16 GB mehr als genug Speicher. In der Regel kommt sich da auch nichts in die Quere: Während man beispielsweise an einer Präsentation mit LibreOffice Impress sitzt, können an anderer Stelle im Haus vom gleichen Gerät Dokumente über Paperless-ngx abgerufen werden.

Gewissermaßen werkeln die Serverdienste im Keller – während die sichtbaren Anwendungen im Erdgeschoss von Linux Mint passieren. Okay, nehmen wir noch den Dachboden mit, der oft auch Speicher genannt wird: Gerade mit Linux Mint ist es ultra-einfach, Speicher im WLAN zur Verfügung zu stellen, auf den von heimischen Geräten wie Smartphones, Tablets oder Notebooks zugegriffen werden kann. Und auch von unterwegs, da FritzBox und andere Hersteller schon länger VPN-Technologien wie WireGuard eingebaut haben. Man muss also nicht mehr umständlich einen Port über DynDNS konfigurieren.

NAS-Alternative

Damit kann der LinuxMint-Rechner auch als preisgünstige Alternative zu einem regulären NAS dienen (etwa von Synology oder QNAP). Natürlich haben NAS-Stationen ihre Vorteile – allerdings auch ihren Preis. Und wie bei meinem 150-Euro-Mini-Rechner gezeigt: 4 oder mehr TB lassen sich damit ganz gut befüllen. Für Linux gibt es ausgezeichnete Backup-Programme, die beispielsweise die Sicherung gleichzeitig auf einer angeschlossenen USB-Festplatte und verschlüsselt auf einem beliebigen Cloud-Speicher vornehmen.

Als Cloud-Speicher nutze ich ausschließlich die Nextcloud. Aber in meinem MS-Office-Abo sind jährlich 1 TB gratis enthalten, die ich nicht nutze. Dieser Speicherplatz kann problemlos in Linux Mint eingebunden werden und als zusätzlicher Speicher für die erwähnten verschlüsselten Backups dienen.

Nearly Headless Betrieb spart Stellfläche

„Nearly Headless“ nehme ich als Begriff, der sich an den „Fast Kopflosen Nick“ der Harry-Potter-Bücher anlehnt. Am Anfang meiner Raspberry Pi-Zeit war ich über den Ausdruck „headless“-Betrieb verwundert. Gemeint war damit, dass man einen Raspberry Pi ohne Monitor und Tastatur betreiben konnte, wie das für Server üblich ist.

Wahrscheinlich geht es manchem Leser wie mir: Ein teurer Windows- oder MacOS-Rechner steht im Arbeitszimmer, da man etwa aus beruflichen Gründen auf diese Systeme weiterhin angewiesen ist. Sofern genügend Platz vorhanden ist, kann man seinen Linux-PC samt Monitor und Tastatur daneben stellen. Man kann ihn aber auch in einen anderen Raum stellen oder – sofern klein genug – hinter den Monitor schrauben – und via Remote darauf arbeiten. Mit den gleichen Monitoren und der gleichen Tastatur, die man ohnehin schon auf dem Schreibtisch hat.

Meinen Mini-PC bekomme ich im Alltag nicht zu Gesicht, da er unter dem Podest des zweiten Monitors geräuschlos vor sich hin werkelt. Hier mal ein wenig hervorgezupft, sonst würde man ihn nicht sehen:

Linux hole ich mir per Remote-Zugriff rein, während ich mit Windows arbeite:

Als Remote-Programm verwende ich HopToDesk. Es gibt in diesem Bereich viele Alternativen wie RealVNC usw. Aber HopToDesk kann ich wirklich empfehlen, auch die nahtlose Übertragung von Dateien, Anpassung an unterschiedliche Bildschirmauflösungen usw. klappt gut. Vor allem: Falls Linux mal im Standby-Modus ist bzw. auf den Benutzer-Anmeldebildschirm umgeschaltet hat, funktioniert HopToDesk trotzdem und blendet den Anmeldeschirm ein. Auch die Übertragung von Tastenkombinationen, Makros usw. läuft damit wirklich zufriedenstellend.

Bei Remote-Programmen macht sich ein – aus meiner Sicht – großer Vorteil von Linux-Mint bezahlt. Diese Distro wird noch länger X11 statt Wayland fahren. Viele Anwendungen, darunter gerade auch Remote-Geschichten, arbeiten aktuell noch deutlich besser mit X11 zusammen. Das kann in 1, 2 Jahren anders aussehen, aber momentan ist das aus meiner Sicht ein Pluspunkt.

Und noch mehr …

Das war erst der Anfang. Smartphone-Verbindungen, Austausch im Netzwerk, Beispiele für den Dual-Betrieb, Einbinden von Cloud-Diensten, Automatisierungen via Makros und .. und .. und – noch sehr viel mehr ist möglich. Im Laufe der Artikelserie werde ich mit Beispielen aus dem Alltag noch auf viele Aspekte zu sprechen kommen. (Würde mich auch freuen, wenn Ihr kommentiert oder die Serie etwas in Euren Netzwerken bekannt mach – danke!)

Hier noch das versprochene Video zu meinem Mini-PC: Die Sprungmarke startet an der Stelle, die zeigt, wie man eine SSD einfach in eine „Schublade“ steckt, um das Gerät zu erweitern.

So einfach erfolgt die Erweiterung mit einer SSD.

Eine Antwort schreiben

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert