Notizen blitzschnell per Textzeile erfassen: JRNL

Das „dunkle Terminalfenster“, das nur Texteingaben erlaubt, schreckt viele Anwender ab, die den Klick auf ein buntes Icon gewohnt sind. Eigentlich können Textbefehle viel Zeit sparen, sowohl unter Windows als auch MacOS und Linux. Eine kleine Textzeile genügt, um einen komplexen Vorgang zu erledigen, der auf der grafischen Oberfläche viele Klicks und deutlich mehr Zeit benötigt hätte. Inzwischen habe ich durch meine Homeserver-Anwendungen und die häufige Nutzung von Linux die Vorteile der Kommandozeile schätzen gelernt. Daher heute mal eine Vorstellung aus diesem Bereich: JRNL – ein Mini-Tool mit vielen Extras.

JRNL – Notizen ohne Ablenkung

Ein Gedankenblitz, eine Idee, eine kurze Aufgabe oder Erinnerung – all dies sind flüchtige Angelegenheiten. Die grundsätzlich Idee von JRNL ist: Tippen – vergessen – weiterarbeiten. Sie sitzen gerade an einem komplexen Vorgang und sehen durch das Fenster, dass es regnet? Also: kurz tippen

"jrnl Wacken! Regenmantel nicht vergessen!" 

Die Notiz wandert – mit Datum und Zeit versehen – in eine Textdatei, die später mit einer Vielzahl von Filtern – ebenfalls auf der Kommandozeile – abgefragt werden kann. Das Ergebnis kann beispielsweise so aussehen:

Falls man eine umfangreichere Notiz anlegen möchte, so tippt man nur „jrnl“, schreibt seine Absätze und beendet den Vorgang mit „Strg +d“ (in einer leeren Zeile):

Wer möchte, kann in die Konfigurationsdatei auch seinen Lieblingseditor eintragen (bei mir ist das „Micro“). Der jrnl-Befehl ruft dann sofort diesen Editor für die Eingaben auf.

Das ist mal das grundsätzliche Prinzip. Zu Tags, Zeitangaben in natürlicher Sprache, Favoriten-Kennzeichnungen usw. kommen wir noch.

Multi-Journale und Verschlüsselung

Textdateien

Man kann recht einfach beliebig viele getrennte Journale definieren. Beispielsweise „Job“, „Gartenprojekt“, „Hochzeitsvorbereitungen“ usw. Man kann die Projekte mit Kürzel versehen, um sich Tipparbeit zu sparen:

In diesem Beispiel wandern die Einträge, die mit „jrnl job“ angelegt werden, in die Textdatei „job.txt“; jene mit dem Kürzel „g“ hingegen in die Datei „gartenprojekt.txt“.

Ordner-Notizbücher

Neben der Variante „Alle Einträge werden in einer einzigen Textdatei eingetragen“ gibt es auch eine Einstellung, mit der für jeden Eintrag eine getrennte Datei angelegt wird. JRNL sorgt dabei automatisch für das Anlegen von Jahre- und Monatszweigen:

Hier wird durch die Anweisung „jrnl st“ im Unterzweig eine Einzeldatei mit dem der Nummer des Tages angelegt (Notizen können auch für die Vergangenheit und für die Zukunft angelegt werden).

Verschlüsselung mit AES

Die eben beschriebenen Textdateien in Unterordnern können nicht verschlüsselt werden. Hingegen klappt das für die erste Variante „Gesamtdatei“. Man kann alle 3 Varianten sogar mischen: Also z. B. Notizen für das Journal „Job“ verschlüsseln, jene hingegen für das Journal „Familie“ unverschlüsselt ablegen.

Beim ersten Start des zu verschlüsselndes Journals wird nach einem Passwort gefragt. Das kann via Schlüsselbund gespeichert oder jeweils vor einem neuen Eintrag/Abruf eingegeben werden.

Man kann jederzeit durch einen Befehl und Eingabe des Passworts die Datei wieder in eine „normale“ Textdatei verwandeln.

Extras: Zeitangaben, Tags, Favoriten usw.

Zeitangaben

Sowohl für die Eingabe als auch für die Abfrage lassen sich den Notizen Zeitangaben mitgeben.

jrnl yesterday 16:00: Die Geburtstagsfeier war der Hammer!
jrnl last sunday: Ein Wandertag zu der Hütte auf der Alm. Ziegen gesehen!
jrnl 2024-12-24 16:00: Und wieder werden wir das Christkind erwarten ...

Anzeigen lassen sich so auch z. B. alle Einträge seit Montag der vergangenen Woche, die letzten 15 Einträge oder eine bestimmte Zeitspanne:

jrnl -from march -to april

Das Ergebnis der Abfrage:

Tags und Favoriten

Die Notizen lassen sich durch ein „@“-Zeichen mit Schlagwörtern versehen. Diese Tags können später als Filter oder für Reports genutzt werden:

Mit einem Asterix „*“ kennzeichnet man Favoriten. Also etwa

jrnl *Geschenk für Udo besorgen!

Mit

jrnl -starred

wird eine Liste der Favoriten ausgegeben.

Ausgabeformate

Die pure Textausgabe von Notizen oder Abfragen ist ja in den oberen Beispielen bereits zu sehen. Es gibt noch eine Reihe weiterer Möglichkeiten. Durch

jrnl --format fancy

erhält man die Notizen mit Rahmen:

Mit

jrnl --short

erhält man hingegen eine kompakte Ansicht:

Exportmöglichkeiten

Eine Reihe von Export-Parametern ermöglichen es, die Notizen zur Weiterverarbeitung in unterschiedliche Formate zu exportieren. JSON, XML, YML. Mir gefällt natürlich besonders der Markdown-Export. Man kann die gesamte Journaldatei damit exportieren:

jrnl --format md

So erhält man – bereits durch JRNL aufbereitet – eine strukturierte Markdown-Datei in Abschnitten nach Jahren und Monaten:

Oder man gibt jede Notiz als einzelne Markdown-Datei in einem Unterpfad aus:

$ mkdir einzeldateien
$ jrnl --format md --file einzeldateien

Das Ergebnis:

Konfiguration und Handbuch

Die in diesem Artikel beschriebenen Einstellungen sind in meiner Beispiel-Konfigurationsdatei „jrnl.yaml“ zu sehen:

colors:
  body: none
  date: black
  tags: yellow
  title: cyan
default_hour: 9
default_minute: 0
editor: 'Micro'
encrypt: false
highlight: true
indent_character: '|'
journals:
  default:
    journal: /home/a/.local/share/jrnl/journal.txt
  job:
    journal: /home/a/.local/share/jrnl/job.txt
  g:
    journal: /home/a/.local/share/jrnl/gartenprojekt.txt
  st:
    journal: /home/a/.local/share/jrnl/steuerangelegenheiten/
  crypt2:
    journal: /home/a/.local/share/jrnl/crypt2.txt
    encrypt: true
  
linewrap: 79
tagsymbols: '#@'
template: false
timeformat: '%Y-%m-%d %H:%M'
version: v4.1

Ich habe hier nur einen Bruchteil der Möglichkeiten beschrieben. Die Dokumentation zum Tool ist aber wirklich gut gemacht und sollte auf die meisten Fragen eine Antwort parat haben.

Fazit

Man kann JRNL in einer sehr unkomplizierten Form nutzen: Installieren, aufrufen, Gedanken tippen, fertig. Für die gesammelten Notizen genügt dann ein Blick in die Textdatei. Natürlich könnte man sich fragen, was der Vorteil gegenüber einer Textdatei ist, die man mit seinem Standard-Editor anlegt. Chronologische Sortierung, automatischer Datums-/Zeitstempel wären da Pluspunkte (aber so etwas kann man auch bei komplexeren Editoren einrichten).

Den eigentlich Gewinn erhält man, wenn man sich etwas mit dem Tool beschäftigt – die Basis-Befehle gehen einem nach kurzer Zeit flott von der Hand. In einem anderen Artikel hatte ich schon mal den Textexpander Espanso besprochen. Zusammen mit JRNL ergibt sich ein starkes Team. Wenn man sich Befehle wie „::jr2w“ definiert, so werden alle Notizen der letzten zwei Wochen angezeigt usw.

JRNL kann man nicht mit Obsidian oder Joplin vergleichen. Das Tool will damit auch gar nicht verglichen werden. Es will eine Sache erledigen – die rasche Eingabe von Textstücken und deren Abruf – und die erledigt es aus meiner Sicht ausgesprochen pfiffig.

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