Mit Markdown ein robustes System für Notizen realisieren, Teil 1

Alle Notizen griffbereit.

Einfälle, Besprechungsnotizen, Tagebuch-Einträge, Entwürfe … Für all diese Informationen gibt es inzwischen zwar unzählige Tools: Evernote, OneNote, Apple- und Google-Notizen usw. usw. Aber das DC-Prinzip versucht ja, Lösungen zu finden, die immer und überall funktionieren, ohne dass man abhängig von einem bestimmten Tool wird. Hier der Vorschlag für ein System, das man flexibel den eigenen Erfordernissen anpassen kann.

1. Um was geht es?

Unser System soll sich auf die Erfassung von Text- und Bild-Informationen konzentrieren. Ja, damit kann es „weniger“ als die eingangs beschriebenen Programme. Keine Glitzerstifte, keine PDF-Anhänge, keine Video-Playlisten usw. An erster Stelle steht die Konzentration auf Erfassung und Strukturierung von Text. Auf Wunsch können in den Text Fotos, Scans oder andere Grafiken eingebunden werden. Wenn man beispielsweise Notizen aus Besprechungen erfasst, so kann ein Foto vom Whiteboard sinnvoll sein. Oder ein Tagebuch über die ersten Versuche mit dem eigenen Gartenbeet wird durch einen Schnappschuss ergänzt usw.

2. Was sind die Vorteile?

Auch bei dem Notizen-System gelten jene Kriterien, die wir bereits für unsere Dokumentenverwaltung verwenden:

  • Es funktioniert auf allen Plattformen: Windows, Mac, Linux, iOS und Android. Die Inhalte lassen sich problemlos synchronisieren. Lokal, über Cloud-Dienste oder über Netzlaufwerke. Es ist also gleichgültig, ob Sie Dropbox, ownCloud oder einen Heimserver verwenden.
  • Da die Art der Texteingabe auf Markdown basiert, eignet sich dieses System besonders für die Erfassung mit mobilen Geräten – eine externe (faltbare) Tastatur ist dabei hilfreich (siehe „Alter Falter!“ und „Mini-Büro“).
  • Man ist auf kein bestimmtes Tool angewiesen und kann jederzeit wechseln. Der einfachste (kostenlose) Text-Editor genügt bereits. Allerdings werde ich hier Editoren vorstellen, die uns die Arbeit etwas erleichtern.

3. Warum Markdown?

Markdown kann man sich in 10, 20 Minuten aneignen. Das Vorgehen wirkt auf den ersten Blick sehr „schlicht“. Beispielsweise verwendet man für Überschriften der Ebene 1 ein „#“, für Überschriften der zweiten Ebene stellt man „##“ voran, kursiv und fett lassen sich durch „*“ oder „_“ erzeugen usw. (Einführung in Markdown). Aber auch komplexe Strukturen, Diagramme, Literaturverzeichnisse usw. lassen sich mit diesem Verfahren erzeugen.

Alle Markdown-Editoren richten sich nach diesen Grundlagen – dadurch kann man jederzeit einen Editor wechseln, ohne dass Texte konvertiert werden müssten oder man neue Tastenkürzel lernen müsste. Weiterhin kann man sich auf den Text „pur“ konzentrieren – ein wenig wie in den guten alten Schreibmaschinen-Zeiten. Daher wurde dieses ursprünglich eher auf „technische“ Belange (z. B. Strukturierung von Webseiten) ausgerichtete Verfahren vor einigen Jahren von Textautoren entdeckt und besonders im Mac-Kosmos ausgebaut (sehr umfangreich etwa im Mac-/iOS-Programm Ulysses aus Leipzig).

Die meisten Markdown-Editoren stellen zudem eine „ablenkungsfreie“ Oberfläche zur Verfügung – frei von Icons und Menüs, so dass man sich besonders gut auf die Texterfassung konzentrieren kann. Autoren wie George R.R. Martin (Game of Thrones) oder Jussi Adler-Olsen (Krimi-Reihe um den Ermittler Carl-Mørck) verwenden alte DOS-Textverarbeitungen wie WordStar oder WordPerfect, die eine ähnliche Konzentration ermöglichen.

Typora für Windows, Mac und Linux

Es gibt viele Markdown-Anwendungen (eine Auswahl weiter unten). Ein ausgezeichneter Editor, der – obwohl noch immer „Beta“ – schon länger auf dem Markt ist, gut gepflegt wird und immer noch kostenlos ist: Typora. Damit man rasch einen Überblick gewinnt, habe ich ein 50-Sekunden-Video dazu erstellt:

kurzer Überblick

Im Video war zu sehen, dass sich Typora ein wenig wie eine gewohnte Textverarbeitung verhält: Während des Tippens werden die Markdown-Anweisungen sofort „übersetzt“. Es bleibt also nicht die Raute vor „# Titel“ stehen – vielmehr verschwindet diese und erscheint eine größere Schrift. In den meisten Editoren muss man für eine solche Voransicht umschalten oder beide Textvarianten erscheinen gleichzeitig in zwei Spalten. Auch bei Typora bleibt dieser „Quellcode“ erhalten – man kann ihn jederzeit einblenden:

Quellcodemodus in Typora

Aufbau der Oberfläche

Trotz der vielen Funktionen wirkt Typora ausgesprochen aufgeräumt. Man hat während des Schreibvorgangs alle wichtigen Elemente der Notiz im Blick:

struktureller Aufbau

(1) Sidebar: Kann man zwischen Dateiverzeichnis (dazu später mehr) und Gliederung umschalten oder ganz ausblenden. Die Gliederung „wächst“ mit der Anzahl der Überschriften und Unter-Überschriften. Gleichzeitig dient sie zur raschen Navigation innerhalb einer umfangreichen Notiz. Die Gliederung lässt sich auch samt Sprungmarken direkt in die Notiz einbinden (via Menü oder [TOC]-Befehl).

(2) Tabelleneditor: Tabellen können zwar auch in „purem“ Markdown erstellt werden, wirken dann aber oft etwas unübersichtlich (die „Striche“ verschieben sich durch die Proportionalfonts). Durch das zusätzliche Menü hat man alle gängigen Optionen für eine Tabelle griffbereit:

Editor für Tabellen

(3) Bilder: Oft wird in Markdown-Editoren nur der Link zu einer Grafik angezeigt – in Typora sieht man das Bild hingegen sofort. Es lässt sich bequem via Drag’n Drop einfügen oder per Menüzeile:

Drag’n Drop oder rechter Mausklick für das Einfügen von Fotos

(4) Statistiken: Die üblichen Zeichen-/Wörter-Statistiken können eingeblendet werden – wichtig für Autoren, die z. B. Artikel für Zeitschriften verfassen und Vorgaben erreichen müssen – oder einfach für das gesetzte Tagesziel.

Organisation von Grafiken – relative Pfadangaben

Die Dateien von Textverarbeitungen wie Word & Co. bestehen aus einer Vielzahl von Codes und Sonderzeichen, so dass Bilder direkt in der Datei integriert sind. Markdown hingegen erzeugt „pure“ Textdateien ohne Code für Bilder. Die gängige Lösung in Markdown-Dateien: Auf Grafiken wird nur via (Online-)Link „verwiesen“, so dass diese in der Regel über einen Web-Link abrufbar sein müssen:

Oft verweisen Markdown-Texte auf Grafiken im Web.

Mit einem solchen Link ist zwar einerseits gesichert, dass die gleiche Markdown-Datei auf unterschiedlichen Systemen das abzurufende Foto auch immer findet. Aber für ein „robustes“ Notizsystem ist es erforderlich, dass die integrierten Grafiken offline jederzeit zur Verfügung stehen. Zugleich kann man nicht irgendeinen Festplattenpfad (z. B. „C:\Notizen\Fotos“) nehmen, da solche Links nicht auf einem anderen Gerät mit einer anderen Dateistruktur funktionieren würden (am Arbeitsplatz z. B. „D:\User4\Notizen\Fotos“).

Hier greift Typora zu einer ausgezeichneten Lösung: Es werden relative Pfade erzeugt, die nicht nur auf unterschiedlichen Desktop-Computern funktionieren – auch mobil wird das Bild gefunden (was wegen des unterschiedlichen Dateimanagements von Android, iOS und Desktop nicht ganz trivial ist):

relative Pfade

Wenn man ein Bild beispielsweise via Drag’n Drop von seinem Fotoverzeichnis in die Datei einfügt, wird es automatisch in den Unterpfad „./bilder“ kopiert:

automatisch oder per Menü

Mit anderen Worten: Ich kann das Notizen-Hauptverzeichnis mit seinen Unterpfaden kopieren, auf ein anderes Gerät überspielen, via Cloud-Diensten synchronisieren – die Grafiken werden immer gefunden. Und alle Dateien – Texte und Bilder – bleiben „bei mir“, es muss also kein Online-Speicherort für Grafiken gesucht werden.

Damit ist die Grundlage für eine Verzeichnisstruktur geschaffen, die den eigenen Bedürfnissen angepasst werden kann. Dazu mehr in Teil 2 der Serie.

3 Kommentare

  • MAWSpitau

    Hallo,

    ich habe mich seinerzeit[^1] in markdown verliebt und nutze es tagtäglich für alle anfallenden arbeiten. Ich arbeite jedoch mit dem atom.io Editor, der mir zum Schreiben mannigfaltige Möglichkeiten bietet – einzig eine on the fly Vorschau gibt es nicht. Diese brauche ich aber auch gar nicht 😉

    Vielen Dank für den Artikel. Ich freue mich schon auf Teil2 und Teil3 und Teil4… 🙂

    [1]: https://herrspitau.de/2014/01/07/ich-habe-mich-verliebt/

  • Wolfgang D

    Hi,
    schöner Artikel.
    Ich nutze Markdown seit einiger Zeit in Joplin, einer cleveren Open Source Alternative zu OneNote. Die damit erstellten Notizbücher lassen sich über mehrerer Geräte sharen (z.B. verschlüsselt via Dropbox) und die Texte, dank Markdown, auch leicht exportieren
    https://joplinapp.org/

Eine Antwort schreiben

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert